Einseitiges EU-Konsultationsverfahren zur Neuen Gentechnik

Die EU-Kommission hat die öffentliche Konsultation (Impact Assessment) zur künftigen Gentechnik-Regulierung gestartet. Bis zum 22. Juli 2022 können sich Unternehmen, Stakeholder und Einzelpersonen an der öffentlichen Konsultation zu den „Rechtsvorschriften für Pflanzen, die mit bestimmten Neuen Genomischen Techniken (NGTs) erzeugt wurden“ beteiligen. Die Texte, Fragen und Antwortmöglichkeiten sind allerdings sehr einseitig gefärbt und lassen nur den Schluss zu, dass das Ziel der EU-Kommission eine weitgehende Deregulierung, also eine Aufweichung der bestehenden, bewährten EU-Gesetze für Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmitteln ist. Eine aktive Teilnahme der Unternehmen aus der „Ohne Gentechnik“-Wirtschaft am Konsultationsverfahren ist daher besonders wichtig!

Gentechnik-freie Produktion in Europa muss geschützt werden!
Der Fragebogen sei „erschreckend einseitig“ und lasse die klare Absicht der EU-Kommission erkennen, den Weg für eine Deregulierung der Neuen Gentechnik freizugeben. „Und das in einem öffentlichen Beteiligungsverfahren, das sich um größtmögliche Neutralität bemühen sollte“, erklärt Florian Faber, Geschäftsführer der ARGE Gentechnik-frei. Eine derartige Deregulierung wäre „eine massive Bedrohung für die europaweit boomende Gentechnik-freie Lebensmittelproduktion, aber auch für die Bio-Branche“, so Florian Faber.

Lebensmittelbranche muss sich aktiv zum Schutz der Gentechnik-Freiheit einsetzen
Die ARGE Gentechnik-frei ruft daher Unternehmen und Stakeholder aus Landwirtschaft, Lebensmittel­produktion und Lebensmittelhandel dazu auf, aktiv am Konsultationsverfahren teilzunehmen und damit gegenüber der EU-Kommission die Notwendigkeit für eine klare und transparente gesetzliche Regelung der Neuen Gentechnik, vergleichbar mit der bestehenden Gentechnik-Gesetzgebung zu untermauern. Vorsorgeprinzip, Rückverfolgbar­keit und Kennzeichnung seien unverrückbare Voraussetzungen, um auch bei Produkten der Neuen Gentechnik Transparenz und Wahlfreiheit für Landwirtschaft, Hersteller, Handel und Konsument:innen sicherzustellen.

Die ARGE Gentechnik-frei hat dafür ein umfassendes Info-Package für Unternehmen zur Teilnahme am Konsultationsverfahren erstellt. In den nächsten Wochen werden weitere Argumentationsgrundlagen für das Verfahren erarbeitet. Bitte um Kontaktaufnahme, dann erhalten Sie das Info-Package zugestellt.

EU-Kommission unterstellt positive Effekte neuer Gentechnik
Im Fragebogen der Kommission wird schlicht unterstellt, gentechnisch veränderte Pflanzen könnten einen positiven Beitrag zu Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz und damit zu EU-Plänen wie „Farm to Fork“, „Green Deal“ und Biodiversitätsschutz leisten. Sogar eine Kennzeichnung solcher Gentechnik-Produkte als besonders nachhaltig wird ins Spiel gebracht. Eine „nachhaltige Wirkung“ der Neuen Gentechnik ist allerdings ein bloßes Versprechen von Herstellerfirmen und einigen Forscher:innen, für das es keine Belege gibt.

Risiken werden ausgeblendet
Außerdem behauptet die EU-Kommission, die derzeitige Gesetzgebung sei „problematisch für alle Beteiligten“. Für Konsument:innen, Umwelt, Landwirtschaft sowie für die ‚Ohne Gentechnik- und Bio-Wirtschaft hat sich diese allerdings in den letzten 15 Jahren sehr gut bewährt.

Auch soll es, laut Fragebogen der Kommission, angeblich keine spezifischen Risiken bei den neuen Gentechnik-Verfahren geben. Dabei gibt es inzwischen etliche wissenschaftliche Erkenntnisse zu unerwünschten und oft unerkannten sogenannten „Off-Target-Effekten“. Auch die alte Behauptung, dass Produkte aus Neuer Gentechnik kaum nachweisbar seien, wärmt die EU-Kommission ein weiteres Mal auf. Doch sogar Behörden haben inzwischen die baldige Einsatzfähigkeit solcher Nachweisverfahren angekündigt.

Kommission wild entschlossen zur Aufweichung der Gentechnik-Regeln
„Die EU-Kommission scheint wild entschlossen, die Gentechnik-Regeln aufzuweichen. Käme sie damit durch, wäre das ein schwerer Schlag für die Gentechnik-freie bzw. biologische Land- und Lebensmittelwirtschaft“, so Florian Faber. „Die ‚Ohne Gentechnik‘-Wirtschaft ist auf eine transparente und ordnungsgemäße Gentechnik-Kennzeichnung angewiesen, um diese aus den Wertschöpfungsketten auszuschließen. Die EU-Kommission würde damit außerdem gegen die Interessen der großen Mehrheit der EU-Bürgerinnen und -Bürger verstoßen, die keine Gentechnik auf ihren Tellern wollen und deren Kennzeichnung fordern.“

„Es steht also sehr viel auf dem Spiel: Eine mögliche Deregulierung Neuer Gentechnik widerspricht den hohen Erwartungen von Herstellern, Handel und Konsument:innen an Transparenz und Rückverfolgbarkeit in der Lebensmittelproduktion. Und eine mögliche Auslobung neuer gentechnischer Pflanzen als ‚nachhaltig‘ würde die umfassenden Bestrebungen, die die Lebensmittelbranche in den letzten Jahren in Richtung Nachhaltigkeit umgesetzt hat, torpedieren. Es braucht daher ein geschlossenes Auftreten von Lebens­mittel­branche, Politik und Konsument:innen, um diesen Deregulierungsbestrebungen Einhalt zu gebieten“, erklärt Florian Faber.