GMO-Free Europe Konferenz im EU-Parlament in Brüssel

Am 17. November trafen sich auf Initiative der Plattform „GMO-Free Europe“ 250 Vertreter:innen von Europas Gentechnik-freien Regionen, der Gentechnik-freien Wirtschaft vom Landwirt bis zum Supermarkt, kritische Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft zu einer bestens besuchten Konferenz im Europäischen Parlament in Brüssel. Zur Debatte stand der Vorschlag der EU-Kommission, die europäische Gentechnik-Gesetzgebung für bestimmte Arten von GVOs, insbesondere VRISPR/Cas-Mutationen, zu deregulieren.

Angesichts der hohen politischen Aufmerksamkeit, die das Thema Neue Gentechnik nach dem kurz davor veröffentlichten Arbeitsplan der EU-Kommission für 2023, mit dem klar formulierten Ziel, die Rechtsvorschriften für die Gentechnik zu verändern, erzielte, zog die Konferenz zahlreiche Politiker und Interessensvertreter aus der Zivilgesellschaft, der Landwirtschaft und dem Lebensmittelhandel an.

Die gemeinsam von GMO-Free Europe, Save Our Seeds und IFOAM Organics Europe organisierte und von der Fraktion der Grünen / EFA im Europäischen Parlament ausgerichtete Konferenz bot die Gelegenheit, Positionen und Einschätzungen zur aktuellen Diskussion zur Neuen Gentechnik direkt von den relevanten Institutionen – EU-Kommission, Europaabgeordnete, Wissenschaft, NGOs – zu hören. Die Kernthemen:

  • Auswirkungen einer möglichen Deregulierung der europäischen Gentechnik-Gesetzgebung auf Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft, sowie auf den Ohne Gentechnik-Wirtschaftssektor;
  • Wie kann die Wahlfreiheit für Konsument:innen gewährleistet bleiben?
  • Die unterschiedlichen Positionen: EU-Kommission, Mitglieder des EU-Parlaments, Vertreter:innen der Gentechnik-freien Regionen;
  • Die fragwürdigen wissenschaftlichen Grundlagen der aktuellen Initiative der Kommission.

Warnung vor einer möglichen Deregulierung

Dezidierte Warnungen vor einer Deregulierung brachten Länder-Vertreter:innen ein, die bereits mit entsprechenden Lockerungen konfrontiert sind (Kanada) bzw. wo derzeit eine Deregulierung durch das Parlament im Gange ist (Großbritannien). Beide warnten Europa eindringlich vor den negativen Folgen – so zum Beispiel Pat Thomas (Beyond GM, Großbritannien): „Gehen Sie nicht diesen Weg, sondern wählen Sie stattdessen Vorsicht und Demokratie.“

Unbewiesene Behauptungen zur Nachhaltigkeit

Zur Behauptung der Befürworter der Neuen Gentechnik, dass diese eine Lösung für die aktuellen globalen Probleme wie Klimawandel und Dürre bieten könnte, gab Eva Gelinsky von der Eidgenössischen Ethikkommission für Biotechnologie im Außerhumanbereich (EKAH) eine klare Antwort: „Aufgrund der Komplexität der ‚klimarelevanten‘ Merkmale kann nicht davon ausgegangen werden, dass die neuen gentechnischen Verfahren zur Anpassung der Landwirtschaft an den globalen Klimawandel beitragen können. Es ist nicht zu erwarten, dass in absehbarer Zeit ‚klima-resiliente Sorten‘ verfügbar sein werden, die mithilfe von CRISPR/Cas entwickelt wurden – wenn dies überhaupt jemals der Fall sein wird“, so die Expertin. 

Die Perspektive der Konsument:innen brachte Fabrizio Fabbri von EuroCoop (Europäischen Gemeinschaft der Verbrauchergenossenschaften,) mit aller Deutlichkeit ein: „Wenn die Produkte und Verfahren der Neuen Gentechnik künftig nicht mehr geprüft und gekennzeichnet werden müssen, wird es für die Gentechnik-Freiheit sowohl im konventionellen Ohne-Gentechnik-Markt als auch in der Bio-Produktion sehr eng.“

Auch Heike Moldenhauer, Generalsekretärin des Dachverbands ENGA (European Non-GMO Industry Association) brachte die Risiken klar auf den Punkt: „Die EU-Kommission gefährdet mit ihren Plänen zur Deregulierung zwei aktuell stark boomende Märkte – die konventionelle und die biologische Ohne-Gentechnik-Produktion. Und wofür? Für Behauptungen zur Nachhaltigkeit, die mit keinerlei Fakten untermauert sind; sowie für Versprechungen, dass zukünftige Pflanzen die Folgen der Klimakrise und der Biodiversitätskrise abfangen können – auch wenn derartige Pflanzen noch gar nicht existieren bzw. am Markt absehbar sind.“

Die Kernbotschaft der Konferenz war klar: Auch die Verfahren der Neuen Gentechnik müssen – wie alle anderen gentechnischen Verfahren – einer Einzelfallprüfung im Rahmen der derzeitigen EU-Gentechnikgesetzgebung unterliegen, damit Transparenz, Rückverfolgbarkeit, Kennzeichnung und Wahlfreiheit erhalten bleibt. Dies ist für Konsument:innen, Handel, Hersteller, Landwirte und Züchter von allerhöchster Relevanz, und unverzichtbar im Sinne des Umweltschutzes und der menschlichen Gesundheit.

Die komplette Konferenz zum Nachsehen finden Sie auf:

www.gmo-free-regions.org/gmo-freeeuropeevent2022.html