Kennzeichnung, Patente und Kontrolle: Wo steht der NGT-Trilog?

Die Trilog-Verhandlungen zur EU-Gesetzgebung über neue genomische Techniken (NGT) befinden sich in einer kritischen Phase – doch eine Einigung ist weiterhin nicht in Sicht. Im Zentrum der offenen Fragen stehen vor allem Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit, Nachhaltigkeitskriterien und Patente.

Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit

Das Europäische Parlament fordert eine lückenlose Kennzeichnung entlang der gesamten Lebensmittelkette – vom Saatgut bis zum Endprodukt. Rat und Kommission möchten diese hingegen auf Saatgut und Vermehrungsmaterial beschränken.

Auch bei der Rückverfolgbarkeit setzt das Parlament auf verpflichtende, prozessorientierte Dokumentationspflichten, während die anderen Institutionen bislang keine verbindlichen Vorgaben unterstützen. Damit ist bei den Verhandlungen aktuell offen, wie Transparenz und Kontrolle in der Praxis sichergestellt werden können.

Nachhaltigkeitskriterien

Darüber hinaus wird die Einführung von Nachhaltigkeitskriterien als Teil der Regulierung diskutiert. Kritisch ist, dass die vorliegenden Gesetzesentwürfe keinerlei wissenschaftlich fundierte Definition des Begriffs „Nachhaltigkeit“ enthalten und keine messbaren Prüfkriterien vorsehen. Damit besteht das Risiko, dass Biotech-Unternehmen selbständig Nachhaltigkeitsansprüche formulieren – wohl ohne belastbare ökologische Nachweise. Droht hier das „Sustainability-Washing“?

Patente

Die Patentfrage ist DER zentrale Streitpunkt: Das Parlament spricht sich klar gegen Patente auf NGT-Pflanzen aus und fordert ein entsprechendes Verbot, um die Züchtungsfreiheit zu schützen und den Saatgutmarkt für Kleinbauern und vielfältige Sorten zu erhalten. Rat und Kommission setzen hingegen auf freiwillige Transparenzmaßnahmen, Lizenzierungserklärungen und weitere Studien. Ein verbindliches Patentverbot steht somit weiterhin aus.

Wachsende Kritik an der wissenschaftlichen Einstufung

Ein weiterer Punkt betrifft die Kriterien für die Einstufung von NGT-Pflanzen als „gleichwertig“ zu konventionellen Pflanzen. Der von der Kommission vorgeschlagene Schwellenwert von bis zu 20 genetischen Mutationen zur Einstufung als „NGT1“ wird von wichtigen Fachinstitutionen wie der französischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umwelt und Arbeitsschutz (ANSES) und dem deutschen Bundesamt für Naturschutz (BfN) scharf kritisiert. Nach heutigem Stand würden dadurch über 90% der NGT-Pflanzen in eine vereinfachte Zulassung ohne Risikoprüfung oder Kennzeichnung fallen. Dies gefährdet angemessene Sicherheitsstandards und wirft grundlegende Fragen zu Umwelt- und Konsument:innenschutz auf.

Ausblick

Bis zum Ende der dänischen Ratspräsidentschaft im Dezember 2025 stehen zahlreiche weitere technische Treffen zwischen Rat, Parlament und Kommission an. Diese werden den Verlauf der Verhandlungen maßgeblich prägen. Ob es unter dem dänischen Ratsvorsitz zu einer Einigung kommt, bleibt aber weiter fraglich – zahlreiche Stimmen bringen ins Spiel, dass Dänemark als bislang heftiger Befürworter einer kompletten Deregulierung von NGT nur schwer gangbare Kompromisse ermöglichen könne. Auch der nachfolgende zypriotische Vorsitz dürfte das Thema kaum rasch abschließen können.

Für die ARGE Gentechnik-frei steht fest: Am Ende dieses nun bereits fast 2,5 Jahre dauernden Verhandlungsprozesses müssen klare und überprüfbare Regeln für Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Patentschutz stehen. Diese sind zentrale Grundlage für Wahlfreiheit, Sicherheit und Vertrauen – sowohl für Konsument:innen als auch für Landwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung und Handel.

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