Neu im Team: Jens Karg

Starker Zuwachs für die ARGE Gentechnik-frei: Seit Anfang Februar ist Jens Karg neu bei uns im Team! Der erfahrene Campaigner und Gentechnik- bzw. Landwirtschafts-Experte wird sich ganz speziell um die politische Arbeit und die Kommunikation zum Thema Neue Gentechnik kümmern. Wir haben mit ihm dazu das folgende Interview geführt.

2023 wird zu einem Schlüsseljahr für die Gentechnik-freie Lebensmittelproduktion. Die EU-Kommission setzt mit aller Vehemenz auf eine Deregulierung der Zulassungsvorgaben für die Verfahren der Neuen Gentechnik – wird diese denn überhaupt noch zu verhindern sein?

Davon bin ich felsenfest überzeugt. Es gibt gute Gründe hier weiterhin auf das Sicherheitsnetz des Vorsorgeprinzips zu setzen und nicht leichtfertig Tor und Tür für eine Risikotechnologie zu öffnen. Es geht um nichts weniger als um die Freiheit der Bäuerinnen und Bauern, selbst zu bestimmen, was sie auf ihrem Acker anbauen. Es geht darum, wer die Macht über das Saatgut hat und wer damit letztendlich bestimmt, was auf unseren Tellern landet. Noch haben wir die Wahl und diese müssen wir tatkräftig verteidigen.

Österreich hat europaweit wohl das größte und umfassendste Angebot an Gentechnik-freien Lebensmitteln. Steht für die heimische Lebensmittelbranche besonders viel am Spiel?

Österreich ist Bio-Weltmeister und Österreich ist Pionierin bei der Produktion und Vermarktung von Gentechnik-frei produzierten Lebensmitteln. Mit der drohenden Deregulierung der Gentechnikgesetze steht die Glaubwürdigkeit und damit die Zukunft dieser aktuell boomenden Branchen auf dem Spiel.

Was können Gentechnik-frei produzierende und vermarktende Unternehmen tun, um ihre Produktqualität zu schützen?

Für diese Unternehmen steht ihre Produktionsgrundlage und damit auch ihre unternehmerische Freiheit auf dem Spiel. Die Konsument:innen wollen gentechnikfrei produzierte Lebensmittel, diese Unternehmen wollen solche anbieten. Durch eine Änderung des Rechtsrahmens könnte jedoch die Geschäftsgrundlage hierfür leichtfertig verspielt werden. Jetzt geht es darum, diesen Umstand öffentlich zu machen und aufzuzeigen, dass es auch wirtschaftlich betrachtet nicht klug ist, das Vorsorgeprinzip auszuhebeln und die Rückverfolgbarkeit und eine Kennzeichnung dieser Produkte auszusetzen. Eine Politik gegen die Konsument:innen und gegen Unternehmen, die an nachhaltigeren Produkten interessiert sind, dürfen wir nicht einfach hinnehmen.

Du bist seit Anfang Februar Teil des Teams der ARGE Gentechnik-frei, mit besonderem Fokus auf das Thema der Neuen Gentechnik. Was hast Du Dir für die nächsten Monate konkret vorgenommen?

Es steht viel auf dem Spiel, deshalb werde ich all meine Erfahrung, meine Kontakte und Netzwerke dafür nutzen, um diese Gefahr zu benennen und öffentlich zu machen. Wir benötigen eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, ob wir leichtfertig die wissenschaftliche Risikobewertung von Pflanzen, die mit der sogenannten „Neuen Gentechnik“ hergestellt wurden, aufgeben. Ich bin davon überzeugt, dass die Rückverfolgbarkeit und die klare Gentechnik-Kennzeichnung solcher Pflanzen nicht den Profitinteressen weniger Agro-Chemie-Konzerne geopfert werden darf. Das Vorsorgeprinzip ist aus gutem Grund ein wesentlicher Pfeiler der Europäischen Union, dieses müssen wir erhalten.

Welche Erwartungen hast Du an die heimische Politik? Was kann bzw. sollte diese tun, um die Gentechnik-freie Produktion zu unterstützen?

Die österreichische Regierung muss sich aktiv und offensiv dafür einsetzen, dass der bestehende Gentechnik-Rechtsrahmen weiterhin ohne Ausnahme auch für die sogenannte „Neue Gentechnik“ gilt. Eine produktbasierte Risikobewertung und die Rückverfolgbarkeit der Konstrukte sind entscheidende Parameter für einen verantwortlichen Umgang mit dieser Technologie. Die klare Gentech-Kennzeichnung des Saatguts und beim Einsatz gentechnisch veränderter Produkte in Lebens- oder Futtermitteln sichern die Wahlfreiheit für Bäuerinnen und Bauern und schaffen Transparenz am Teller für uns als Konsumentinnen und Konsumenten.

Du hast Dich in Deinem Leben schon für vieles engagiert – Global 2000, die Grünen, Gewerkschaften, Gesundheitspolitik. Was treibt Dich an?

Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten. Engagement und tätiges Tun erscheinen mir wirksamer als nur zu „sudern“ … und es macht mir auch deutlich mehr Spaß.

Jens Karg befasst sich seit vielen Jahren mit den Themen Landwirtschaft und Umweltschutz – als Campaigner bei Greenpeace und Global 2000, als parlamentarischer Mitarbeiter bei den Grünen und als Kabinettsmitarbeiter bei den Gesundheitsministern Rudi Anschober, Wolfgang Mückstein und Johannes Rauch. Der studierte Politikwissenschaftler ist in Deutschland (Holzminden) geboren, aber Wiener von Herzen.