ARGE Gentechnik-frei: EU-Umweltausschuss trägt 1:1 die Handschrift der Biotech-Industrie
EU-Parlament muss Abstimmung aussetzen und ein Durchpeitschen der Neuen Gentechnik auf Kosten der Konsument:innen und der nachhaltigen Landwirtschaft stoppen!
Nach der heutigen Abstimmung im Umweltausschuss des EU-Parlamentes über die weitestgehende Aufhebung des Rechtsrahmens in Bezug auf die „Neue Gentechnik“ fordert die ARGE Gentechnik-frei ein Aussetzen der für Anfang Februar geplanten Abstimmung im Europäischen Parlament.
Umweltausschuss ignoriert schwerwiegende wissenschaftliche Bedenken
„Kritische wissenschaftliche Stellungnahmen wurden nicht berücksichtigt. Die heftigen Zweifel der französischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umwelt und Gesundheit (ANSES) an der Wissenschaftlichkeit des Vorschlags wurden in den Wind geschlagen. Mit diesem Vorgehen werden die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten brüskiert! Gleichzeitig wird die Existenz der biologischen und der Gentechnik-freien Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion leichtfertig aufs Spiel gesetzt – das bestehende und sehr gut eingespielte Sicherheitsnetz für Umwelt und Gesundheit bei Gentechnik in Lebensmitteln soll für den überwiegenden Teil der Pflanzen und Produkte komplett entfernt werden. Diese Beschlüsse tragen unzweifelhaft alleine die Handschrift der Biotech-Industrie“, empört sich Jens Karg, Senior Policy Advisor bei der ARGE Gentechnik-frei.
Dabei haben neben der französischen Behörde für Lebensmittel, Umwelt und Gesundheit (ANSES) auch das deutsche Bundesamt für Naturschutz (BfN) und das österreichische Umweltbundesamt den Vorschlag der EU-Kommission zum künftigen Umgang mit Produkten und Pflanzen aus der „Neuen Gentechnik“ für wissenschaftlich nicht haltbar eingestuft.
Scharfe Kritik an „Hau-Ruck-Politik“ – öffentlicher Diskurs ist gefragt
„Neben der wissenschaftlichen Fragwürdigkeit des Vorschlages, ist das Vorgehen auch demokratiepolitisch sehr bedenklich. In einem Schnellverfahren soll der überwiegende Teil der Produkte und Pflanzen der ‚Neuen Gentechnik‘ den Konsumentinnen und Konsumenten ungekennzeichnet untergejubelt werden. Als Folge dessen wird das Wirtschaften für die biologische und Gentechnik-frei arbeitende Lebensmittelproduktion vor extreme Heraus-forderungen gestellt. Wenn die vollständige Rückverfolgbarkeit dieser Pflanzen und Produkte nicht mehr gewährleistet werden kann, werden die Aufwendungen für eine ohne Gentechnik-Produktion stark erhöht. Dieser Mehraufwand, sollte er überhaupt möglich sein, wird mit Sicherheit mit Kostensteigerung einhergehen. Anstatt den Bio- und Gentechnik-freien Markt zu unterstützen, droht das EU-Parlament nun, diesem boomenden Markt-segment Prügel zwischen die Beine zu werfen. Dies ist inakzeptabel. Das Plenum des Parlamentes muss die Interessen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen und diesen Schnellschuss stoppen“, so Jens Karg.
Die französische Behörde für Lebensmittel, Umwelt und Gesundheit (ANSES) hat für Februar eine umfassende wissenschaftliche Bewertung des Gesetzesvorschlages angekündigt. Dieser sei zumindest abzuwarten, so die ARGE Gentechnik-frei.
„Die Europaabgeordneten sollten sich von diesem Votum im Umweltausschuss nicht beirren lassen und sich zur Abstimmung im Plenum des Europaparlaments auf die Seite der Bürgerinnen und Bürger stellen. Es ist noch längst nicht aller Tage Abend. Unter den Mitgliedsstaaten ist der Widerstand gegen die Abschaffung von Gentechnik-Kennzeichnung und Koexistenzmaßnahmen weiter stabil. Das gilt insbesondere für Österreich und Deutschland, die beiden wichtigsten europäischen Ohne Gentechnik‘-Märkte.“
Abstimmung im Europaparlament für Anfang Februar 2024 geplant
Die eigentliche Abstimmung zur Gentechnik-Neuregulierung im EP soll schon Anfang Februar 2024 stattfinden. Sollte diese davor nicht gestoppt werden, so sind die Europa-abgeordneten dabei nicht an das Ausschussvotum gebunden.
Auch wenn es im Parlament eine Mehrheit gegen transparente Gentechnik-Regeln geben sollte, wäre die Entscheidung damit noch lange nicht gefallen. Unter den EU-Staaten gibt es bisher keine Mehrheit für die Gentechnik-Deregulierung, wie sich im Dezember 2023 bei einer Abstimmung im Agrarministerrat zeigte. Daran dürfte sich zunächst wenig ändern.