Novelle: Regierungskoalition will Lücken im Patentrecht schließen

Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung sind in Europa nicht patentierbar – theoretisch. Mit einem neuen Gesetzesvorschlag will Österreich die zahlreichen Schlupflöcher, mit denen das Patentrecht in Europa immer wieder umgangen wurde, stopfen.

Mit der EU-Biopatentrichtlinie hatte die Europäische Union bereits 1988 versucht, den rechtlichen Rahmen für die sogenannten „Patente auf Leben“ vorzugeben. Wie im klassischen Patentrecht sollten auch im biotechnologischen Sektor nur Erfindungen, keine Entdeckungen patentierbar sein. Doch die Abgrenzung erwies und erweist sich als schwierig.

Laut Biopatentrichtlinie sind „Pflanzensorten und Tierrassen“ sowie „im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren“ nicht patentierbar. Eine gleichlautende Vorschrift findet sich im Europäischen Patentübereinkommen. Dennoch erteilte das Europäische Patentamt immer wieder Patente auf Pflanzen: So erhielt beispielsweise Monsanto 2010 ein europäisches Patent auf Melonen, die gegen eine Viruskrankheit resistent sind.

Erst im Jahr 2020 stellte die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts nach jahrelanger, beharrlicher Kritik von Organisationen der Zivilgesellschaft klar, dass auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere künftig keine Patente mehr erteilt werden dürfen.

Trotz der Klarstellung bleiben Schlupflöcher

Wo genau verläuft die Grenze zwischen Gentechnik und „im Wesentlichen biologischen Verfahren“, wie es im EU-Recht formuliert ist? Sind zufällige Mutationen, also zufällige Veränderungen im Erbgut, von der Patentierbarkeit ausgenommen? Der jüngste Streit über Patentanträge auf Braugerste und Bier durch Konzerne wie Carlsberg und Heineken hat gezeigt, dass die Rechtslage nach wie vor keineswegs eindeutig ist.

Bundesregierung verschärft Patentrecht und erhöht Schutz der Landwirtschaft

Per Ministerratsbeschluss legt die Regierung nun eine Novelle des österreichischen Patentgesetzes vor, mit dem weitere Schlupflöcher geschlossen werden. Mit der Novelle wird klargestellt, dass zufällige Veränderungen im Erbgut, wie sie bei der Züchtung auftreten, von der Patentierbarkeit ausgenommen sind. Somit können sowohl die Patente auf Braugerste und Bier, als auch das auf Salat („nicht zielgerichtete Mutagenese“) und auf Mais (Nutzung von „in der Natur stattfindenden, zufälligen Genveränderungen“) in Österreich nicht mehr erteilt werden.

Allerdings gilt dies, sobald das Gesetz vom Parlament verabschiedet und veröffentlicht wurde, erstmal nur in Österreich. Darüber hinaus gilt das neue Patentverbot ausschließlich für landwirtschaftliche Produkte und die Lebensmittelproduktion; pharmazeutische Produkte sind ausgenommen.

Es ist aber ein starkes Zeichen, mit dem man sich in der Folge auch auf europäischer Ebene Gehör verschaffen muss. „Der Beschluss ist ein wichtiges Signal an die EU und das Europäische Patentamt: Das Patentrecht darf nicht länger missbraucht werden, um den Saatgutmarkt immer weiter zu monopolisieren,“ so die Saatgutexperten der Arche Noah. „Saatgut ist die Grundlage unserer Ernährung und keine Erfindung eines Konzerns.“ Zudem erwartet Arche Noah, „dass der Beschluss der Patentrechtsnovelle die internationale Diskussion vorantreiben wird. Letztendlich ist eine Änderung auf europäischer Ebene notwendig, um die Erteilung von Patenten auf Leben nachhaltig zurückzudrängen und künftig völlig zu verhindern.“